Was sind die wichtigstem Qualitätsmanagement Methoden und wie wendet man diese an?
Es ist unbestritten, dass methodisches Vorgehen die Effizienz und Effektivität bei der Aufgabenbearbeitung unterstützt.
Dies gilt insbesondere auch für die Bearbeitung von Aufgaben im Kontext des Qualitätsmanagements (QM). Nachfolgend wird darauf eingegangen, welche Methoden in die QM-Werkzeugkiste gehören und deshalb bei Führungskräften und Mitarbeitern bekannt sein und entsprechend genutzt werden sollten.
Die Methoden, welche in den Zusammenhang mit Qualitätsmanagement gebracht werden, werden in zwei Kategorien eingeteilt – in Methoden zur Datensammlung und -analyse sowie in Methoden für spezielle Engineering-Aufgaben.
Qualitätsmanagement Methoden zur Datensammlung und -analyse:
In die erste Kategorie gehören sieben Qualitätswerkzeuge, welche auch als „7 Old Tools“ bezeichnet werden.
Es handelt sich um Histogramme, Paretodiagramme, Fehler- bzw. Ereignissammelkarten, Korrelationsdiagramme, Qualitätsregelkarten, Ursachen-Wirkungsdiagramme und Brainstorming. Außerdem gehören sieben Managementwerkzeuge, auch als „7 New Tools“ bezeichnet, dazu.
Hier handelt es sich um Affinitätsdiagramme, Relationsdiagramme, Baumdiagramme, Matrix und Matrixdiagramme sowie Problementscheidungs- und Netzpläne.
Qualitätsmanagement Methoden für spezielle Engineering-Aufgaben:
Die sogenannten Engineering-Methoden unterstützen Teams in der Produktentwicklung und -herstellung bei der Berücksichtigung und Implementierung bestimmter Qualitätsaspekte, beispielsweise Kundenorientierung, Risikoreduzierung oder Robustheit.
Zu den für die Produktentwicklung und -auslegung relevanten Engineering-Methoden gehören Quality Function Deployment (QFD), Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA), Versuchsplanung (DoE), Theory of Inventive Problem Solving (TRIZ) bei der Produktentstehung, Statistische Prozessregelungen (SPC) und Wertstromoptimierung (VSM).
Relevanz der Qualitätsmanagement Methoden heute
Da sich fast alle Unternehmen heutzutage mit Digitalisierung, Big Data und Analytics beschäftigen, gehören die klassischen „7 Old Tools“ (Datensammlung und Datenanalyse) zwangsläufig in die Methodenkompetenz. Dies gilt nicht nur für Techniker und Ingenieure, sondern auch für Sach- und Facharbeiter.
Im Zuge agiler Produktentwicklung und Design Thinking erhalten die „7 New Tools“ ihre Bedeutung bei Aufgaben der Produktgestaltung und Produktentwicklung.
Die Methoden unterstützen zum Beispiel in besonderer Weise eine systematische Arbeitsweise in den Phasen des divergenten bzw. konvergenten Denkens des Design Thinking.
Die Relevanz der Engineering-Methoden zeigt sich beispielsweise in der Automobilbranche dadurch, dass diese Methoden im VDA Band 4 (Ringbuch) ausführlich beschrieben sind und bei APQP teilweise eingefordert werden.
Der VDA Band 14 beschäftigt sich ausführlich mit der Auswahl, dem Nutzen und der Beurteilung der Anwendung von Engineering-Methoden.
In modernen, agilen Produktentstehungsprozessen sind die Engineering-Methoden selbstverständlich sinnvoll miteinander verknüpft. Dies hat den Vorteil, dass der Aufwand in der Anwendung der Methoden erheblich reduziert wird.
Status der Qualitätsmanagement Methoden heute
Die „7 Old Tools“ sind meist grundsätzlich bekannt, aber leider zu selten in der betrieblichen Praxis in der Anwendung.
Es besteht meist Qualifizierungsbedarf für die "7 Old Tools", um die Anwendung in der Praxis deutlich zu verbessern.
Die ausführliche Behandlung dieser Methoden in Lehrberufen oder auch im Studium ist selten oder gar nicht vorhanden. In der Anwendung der Methoden werden die zu berücksichtigenden Vorgehensweisen und Potentiale der Methoden nur bedingt ausgeschöpft.
Selten ist beispielsweise der differenzierte Einsatz erfolgsorientierter oder fehlerorientierter Ursachen-Wirkungs-Diagramme.
Auch beim Vorgehen zur Wahl der geeigneten Klassenanzahl bei Histogrammen gibt es häufig Qualifizierungsbedarf. Die „7 New Tools“ werden meistens mit den Engineering-Methoden gemeinsam eingesetzt. Beim QFD werden beispielsweise Fehlerbäume und Matrizen genutzt.
Die Affinitäts-Diagramme und Relations-Diagramme werden beispielsweise im Rahmen des Requirements Managements verwendet, um Anforderungen zu sammeln, zu clustern und Abhängigkeiten und Beziehungen darzustellen. Die Kenntnisse zu diesen Methoden sind in der Regel recht gut, hier und da auch für eine Anwendung ausreichend.
Die Engineering-Methoden sind mitunter in den Unternehmen softwaretechnisch gut unterstützt, fachlich und organisatorisch recht gut etabliert, wenn auch in bestimmten Fällen zum falschen Zeitpunkt.
Regelmäßige Seminare zur Kompetenzauffrischung binden neue Mitarbeiter in die meist teamorientiert durchgeführten Methoden schnell und ordentlich ein.
Methodische Weiterentwicklungen wie kürzlich bei der Methode FMEA über das FMEA-Handbuch 2016 des AIAG / VDA können durch gezielte Weiterbildungsangebote vermittelt und in den Unternehmen wiederum implementiert werden.
Kurz um - die Problematik der aufgeführten QM-Methoden ist selten eine ausreichende Kenntnis der Methoden, sondern eher die zeitlich und fachlich richtige Auslösung der jeweiligen Methoden bei einem konkreten Bedarf beziehungsweise einer konkreten Anwendung.
Auswahl und Anwendung der Qualitätsmanagement Methoden
Um die möglichen Potentiale durch die Anwendung von Qualitätsmanagement Methoden zu nutzen, sollten Unternehmen sich zunächst mit der Auswahl beschäftigen und erst dann mit der konsequenten zeitlichen und fachlichen Integration der Qualitätsmanagement-Methoden in die Arbeitsprozesse.
Welche Methode zu welcher Aufgabenstellung passt, sollte geklärt sein.
Dies gilt nicht nur für die in die Produktentstehung eingebetteten Engineering-Methoden, sondern auch für die „7 Old Tools“ und die „7 New Tools“.
Zum Beispiel welche der Methoden setzt man in Präsentationen, zur Entscheidungsfindung oder in Workshops ein?
Anforderungen oder Produktfunktionen können beispielsweise in Form von Baumdiagrammen dargestellt werden, um mögliche Abhängigkeiten und Hierarchien besser darzustellen.
Relations-Diagramme hingegen sind für strategische Entscheidungen als Grundlage erforderlich. Um die Methoden vernünftig einzusetzen, sollten Unternehmen sich folgende Fragen stellen:
- Welche Methoden sollen für welche Aufgabenstellungen im Unternehmen eingesetzt werden? Welche Methoden sind besonders empfehlenswert?
- Wer sind erfahrene Kenner, Anwender, ggf. Moderatoren für diese Methoden im Unternehmen?
- Gibt es Hilfen (Anleitungen, Templates, Beispiele) für weniger erfahrene Anwender dieser Methoden?
- Wird die konsequente Anwendung systematischer Qualitätsmanagement Methoden von den Führungskräften unterstützt, eingefordert und auch selbst vorgelebt?
Diese vier Fragen dienen auch als Basis für Audits zu Methodeneinsatz und deren Wirksamkeit.
Damit wird die Auswahl und ggf. standardisierte Anwendung von ausgewählten Methoden deutlich ziel- und bedarfsorientierter.
Für die systematische Auswahl und Bewertung der Anwendung der Engineering-Methoden kann alternativ auch auf die Vorschläge im VDA Band 14 – Präventive QM-Methoden in der Prozess-Landschaft (Auswahl – Anwendung – Nutzen) zugegriffen werden.
Prof. Dipl. Ing. (FH) Rainer Göppel, TMS
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